Hallo,
ich bin auch total dagegen. Nicht, weil die kinderreichen Familien "falsch" wählen könnten (keine Ahnung, warum die anders wählen sollten als die kinderarmen/ -losen; ich glaube auch nicht, daß es soviele davon gibt, daß deren Stimme wirklich ins Gewicht fällt, selbst, wenn man sie mit sieben multipliziert),obwohl, wenn ich mir vorstelle, Ursula von der Leyen dürfte dann gleich acht Kreuzchen bei der CDU machen, wird mir doch ein bißchen schwummrig... Aber aus zwei anderen Gründen:
1) Für etwas ältere Kinder, die vielleicht andere Überzeugungen als ihre Eltern haben, wäre das eine politische Ohrfeige. Dann dürfen die Eltern an Kindes Statt wählen, und sie wählen genau das, wo das Kind absolut gegen ist. Wieviele die Eltern, die eine zusätzliche Stimme haben, hätten wohl auch die Integrität, diese auch im Sinne des Kindes benutzen? Kinder sind ab 14 religionsmündig und können aus der Kirche aus- oder zu einer anderen Religion übertreten - aber bei der zusätzlichen Stimme für Eltern müßten sie hilflos zusehen, wie die Eltern das dem Kinde zustehende Wahlrecht womöglich gegen die Überzeugung des Kindes ge- (miß-) braucht.
2) In der jüngsten ZEIT habe ich einen Artikel gelesen, der eigentlich meine Überzeugungen nur bestätigt: Eltern Minderjähriger sind die "interessenorientierteste" Wählerschicht überhaupt. Will heißen, obwohl sie eigentlich am meisten Interesse an einer langfristig ausgerichteten, nachhaltigen Politik haben sollten, lassen sie sich am ehesten durch kurzfristige Belohnungen (Kindergelderhöhung, Kindertagesstättenausbau...) verlocken, ihr Kreuzchen bei Partei A oder B zu machen, wohingegen Senioren am stärksten werte-/ parteigebunden denken und daher am wenigsten anfällig für Wahlkampfversprechen sind. Warum soll man ausgerechnet den Unzuverlässigsten von allen mehr Stimmen geben? Damit demnächst noch mehr Politik qua Meinungsumfrage gemacht wird?
Unabhängig von politischen Erwägungen sehe ich diese Art von Kalkül als Beleidigung an. Politiker,egal ob SPD oder CDU, Grüne oder Linke, werfen da einen Köder hin und denken, aha, ich schenke dieser bedeutenden Wählergruppe etwas, und dann wählen sie MEINE Partei. Daß in Deutschland dem Wähler immer unterstellt wird, er wähle in seinem persönlichen Interesse, finde ich extrem diffamierend. Warum sollen Alte eine Partei wählen, die für Rentenerhöhungen ist, Eltern eine Partei, die für Betreuungsgeld oder Kindergärtenausbau ist, Frauen eine, die für Mütterrente oder Frauenquote ist, Freiberufler eine, die ihre steuerliche Situation verbessern will, Deutschtürken eine, die den Islam integriert und so weiter? Für meine EIGENEN Interessen kämpfen, kann ich selbst. Wenn ich wähle, sehe ich das große Ganze:
- Welche Partei scheint am ehesten mit den momentan wichtigsten Krisen zurechtzukommen (IS, Ukraine, Eurokrise...)?
- Welche Partei scheint die fähigsten, ehrlichsten und so weiter Köpfe zu haben?
- Welche Partei hat das beste Programm für Europa, Deutschland, die Umwelt, die internationale Zusammenarbeit und so weiter?
....aber doch um Himmels willen nicht, welche Partei verspricht mir was? Das einzige, das Wahlversprechen in mir auslösen, ist Mißtrauen.
Viele Grüße aus der radikalen Ecke,
Eva
Eva
mit Yusuf (10.12.199
und
Amalia, Friedrich und Elisabeth (07.08.2002)
Seid umschlungen, Millionen
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder, überm Sternenzelt
Muß ein lieber Vater wohnen!